Anton Schlüter, Freising              Die Oldtimer-Seite
Reinhard Kögler  Fichtelgebirge   

Funktion und Besonderheiten
   
 
                           
Der Motor arbeitet nach dem Viertakt-Prinzip. Die generelle Funktionsweise eines solchen Motors ist wohl jedem, der sich für Verbrennungskraftmaschinen interessiert, bekannt. Dennoch gibt es bei so alten Maschinen einige interessante Details, die in der heutigen Zeit nicht mehr Stand der Technik und daher auch nicht mehr geläufig sind. Das beginnt damit, dass alle rotierenden Teile in Gleitlagern laufen. Die Schmierung wird entweder durch Ölkanne bzw. über Tropföler (z.B. Pleuellager und Nockenrad) oder aber durch Ringschmierlager (beide Kurbelwellenlager) erledigt.

Außergewöhnlich ist auch die Ventilsteuerung. Das gesteuerte, hängende Einlassventil (oben) liegt dem stehenden Auslassventil (unten) in dem seitlich an den Zylinderkopf angebauten Gehäuse genau gegenüber. Es ist also ein gegengesteuerter IOE-Motor (IOE: Inlet over Exhaust).  Der Nachteil einer solchen Konstruktion ist ein sehr zerklüfteter und verbrauchsungünstiger Brennraum. Auch wird dieser so groß, dass nur eine sehr geringe Verdichtung von geschätzten 1:4 erreicht wird!
Während die meisten Motoren aus dieser Zeit eine Steuerwelle besitzen, arbeitet hier ein gewaltiger Kipphebel von ca. 1,20 m Länge, der durch ein Nockenrad betätigt wird. Dieser eine Kipphebel öffnet über ein angelenktes Gestänge das Einlassventil. In Mittelstellung sind dann beide Ventile im Verdichtungs- und Arbeitstakt geschlossen. Nach dem Auspufftakt schließt das Auslassventil, kurze Zeit danach öffnet wiederum das Einlassventil und so weiter. Es gibt also keine Ventilüberschneidung, die bei moderneren Maschinen wegen der besseren Zylinderfüllung üblich ist. Bei der geringen Drehzahl von 180 Umdrehungen ist das aber vermutlich kaum ein Nachteil.
 
Zündung und Ventilsteuerung
Gut zu erkennen ist der Zündmechanismus und die Ventilsteuerung durch den riesigen Kipphebel. Oben der Öler für die Schmierung des Zylinders

Die Zündung ist eine Niederspannungs-Abreißzündung. Der eingebaute Zündmagnet besitzt einen Anker, der von einem vom Nockenrad angetriebenen Gestänge gegen zwei gespannte Federn "aufgezogen" wird. Beim Zurückschnellen des Ankers wird in der Wicklung im Magnetfeld des Permanentmagneten eine Spannung induziert,  ein Strom fließt über einen geschlossenen Kontakt im Brennraum des Motors. Dieser Kontakt wird nun im Augenblick des größten Stromflusses über ein Gestänge geöffnet, der Strom wird unterbrochen, wobei ein Zündfunke zwischen den sich öffnenden Kontakten entsteht. Das Ganze läuft im Niederspannungsbereich ab. Es existiert also auch keine Zündkerze!

Zündkontakt im Brennraum
Der mit Glimmerscheiben isolierte Zündkontakt

Die Drehzahl wird durch einen Fliehkraftregler konstant gehalten. Bei Erreichen der Maximaldrehzahl, die zwischen 150 und 180 Umdrehungen pro Minute mittels eines verschiebbaren Gewichts eingestellt werden kann, wird der Kipphebel durch eine Sperrklinke bei geöffnetem Auslassventil festgehalten. Dadurch bleibt automatisch auch das Einlassventil geschlossen; es wird kein Kraftstoff-Luft-Gemisch angesaugt,  Zündungen bleiben folglich aus. Da das Auslassventil dabei geöffnet bleibt, läuft der Motor ohne Kompression nach, bis die Drehzahl unterschritten wird und der Drehzahlregler den Kipphebel wieder frei gibt.
Beim unbelasteten Leerlauf geht die Aussetzerregelung so weit, dass auf eine Zündung bis zu vier Aussetzer kommen!
Fliehkraftregler
Fliehkraftregler mit Öler für Nockenrad (klein) und Pleuellager (groß)

Der Zylinder wird über einen vom Nockenrad per Lederriemen angetriebenen Tropföler mit Schmieröl versorgt. Eine Kurbel taucht dabei mit jeder Umdrehung in den Ölspiegel des Vorratsbehälters ein und streift oben angelangt jeweils einen Tropfen am Tropfrohr ab. Das Öl fließt so tropfenweise durch eine kleine Bohrung in den Zylinder.


Wo ist hier die Kühlung?

Die Frage wird regelmäßig bei Vorführungen gestellt. Für den Betrieb unter Last war früher ein betoniertes Wasserbecken als Kühlwasserbehälter vorhanden. Über eine Kolbenpumpe wurde das Wasser im Kreislauf bewegt. Da der Motor im Leerlauf aber den mit etwa 25 Liter gefüllten Wassermantel des Zylinders in einer Stunde kaum über 60°C aufheizt, habe ich bisher auf einen Kühlkreislauf verzichtet.
Wo ist die Kühlung
Wie setzt man einen Eintopf mit 6,3 Liter Hubraum in Gang?

Es geht einfacher und weniger schweißtreibend als man glauben möchte.
Wer gut schmiert, der gut fährt. Also erst einmal Öler öffnen und außerdem alle bewegten Teile mit der Kanne ölen. Besondere Beachtung gilt dem Kolbenbolzen, der als einziges Teil mit seinem Lager verschlissen war. Dann Luft- und Gasregler einstellen und die Startvorrichtung am Kipphebel ziehen. Diese stellt die Ventilsteuerung auf einen Startnocken, welcher eine geringere Zylinderfüllung bewirkt; damit kommt man mit etwas Schwung über den oberen Totpunkt  (also keine klassische Dekompression zum Schwungholen). Schließlich ein beherzter Griff in die Speichen - und der Motor läuft! Eine Kurbel war nie vorgesehen und ist auch völlig unnötig. Die Überraschung und Freude bei der ersten Inbetriebnahme war groß, als der Motor auf den ersten Dreher lief!





Ein Schwungrad
Man sieht deutlich wo beim Starten am Schwungrad Hand angelegt werden muss; hier konnte sich Farbe und Linierung nicht halten!